Ich hechelte die letzten Schritte bergauf.
Irgendwas in mir sagte „schau nach rechts“.
Mein Kopf drehte sich nach rechts Richtung Osten.
Schneller als ich denken konnte, sendete mein Gehirn ein Signal an Stimmbänder und Lippen und ein lautes „Wooow“ verließ meinen Mund.
Lieben wir Qualen?
Warum tun wir uns das an?
Wieder waren wir auf die fantastische Idee gekommen einen Vulkan mitten in der Nacht zu besteigen. Es war einfach zu lange her, dass wir uns auf diese Weise selbst gequält hatten.
Der Aufstieg zum Ijen und Abstieg in den Ijen Krater war immerhin schon 9 Monaten her.
Und um das zu toppen, musste es hier in Panama anstrengender werden.
Wir wollten den Volcan Baru besteigen. Einen ruhenden Vulkan und mit 3477 m den höchsten Berg Panamas.
Aufgrund seiner Höhe und der schmalen Nord-Süd-Ausdehnung Panamas kann man hier beide Küsten, das karibische Meer und den pazifischen Ozean, gleichzeitig sehen.
Doch nicht nur der Volcan Baru war hoch, auch der innere Schweinehund war riesig.
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Eines war klar, wir wollten unbedingt rauf.
Wir hatten den Gipfel schon häufig von unten bewundert, vor allem jeden Morgen von der Terrasse im Lost and Found Hostel*. Da mussten wir jetzt einfach rauf!
Die Wanderung auf den Gipfel des Volcan Baru an sich hätten wir auch nicht so gescheut.
Aber mitten in der Nacht und dann auch noch in der Regenzeit (siehe Reisezeit Panama), vielleicht total durchnässt auf 3500 m hochsteigen? Ääähhh. Da drückten wir uns davor.
Erst machten wir eine andere Wanderung, dann die nächste, nur nicht den Volcan Baru.
Die Wanderung auf dem Sendero Los Quetzales hatte uns dann so geschafft, dass wir erst einen Erholungstag brauchten.
Dann waren wir unsicher wegen des Wetters. Hatte es sich am Anfang noch an die Regeln gehalten morgens schön zu sein, schwenkte es plötzlich um und graue Wolken begrüßten uns morgens auf dem Balkon.
Wer zu der Zeit oben auf dem Volcan Baru war, sah fast nichts, wurde nass und zitterte wie der Schwanz einer Klapperschlange.
Wir waren bereits eine Woche in Boquete im Hochland von Panama und uns hatte die Volcan Baru Aufschieberitis erwischt.
Doch jede Krankheit kuriert sich irgendwann aus. Der letzte mögliche Tag war gekommen und wir hatten keine Ausreden mehr parat.
Schnellkur: Taxi bestellen zum Ausgangspunkt des Volcan Baru?
Um Kosten zu sparen fragten wir im Mamallena Hostel* nach, ob wir uns einem Taxi zum Startpunkt der Wanderung anschließen könnten (nachts fuhren keine Busse).
Das funktionierte auch wunderbar. Insgesamt 8 weitere Personen wollten in dieser Nacht rauf zum Gipfel des Volcan Baru.
Also Anna und Chris, Reservierung stand. Jetzt gab es keine Ausreden mehr.
Ja, aber man könnte sich doch mit dem Sonnenuntergang begnügen?
Genau hier kommt der zweite Grund ins Spiel.
Am Morgen, vor allem in der Regenzeit, ist die Wahrscheinlichkeit deutlich höher, dass die Sicht klar ist und man somit auch für den Aufstieg zum Volcan Baru belohnt wird.
Ein dritter Grund für uns war, dass der Aufstieg auf diesem Geröllweg einfacher als der Abstieg ist. Die Verletzungsgefahr ist niedriger.
Keine Ausreden mehr: es geht auf den Volcan Baru!
Es war soweit.
Um 23:30 wurden wir mit dem Taxi abgeholt. Unser Versuch ein wenig vorzuschlafen war missglückt. Tja, aber egal. Ausgemacht ist ausgemacht.
Das Taxi brachte uns und die anderen Verrückten noch 8 km den Berg hinauf, dorthin, wo der Nationalpark begann.
Und los ging’s.
Der Mond wanderte mit auf den Volcan Baru
Die Taschenlampen blieben im Rucksack, denn der von Wolken umgebene zunehmende Mond erleuchtete uns den Weg.
In der Ferne blitzte es hin und wieder. So schön es war, hofften wir, dass das Gewitter sich weiterhin auf Abstand halten würde.
Als würde ein Vulkan in der Ferne ausbrechen begleitete uns Donnergrollen durch die Nacht. Die perfekte akustische Ergänzung zur Besteigung eines Vulkans.
Anstrengend war der Aufstieg, aber nicht ganz so schlimm wie befürchtet. Immer, wenn wir auf das nächste Kilometerschild warteten, war – huch – plötzlich das übernächste vor uns.
Wie toll!
Nee, nicht ganz!
Zu schnell wollten wir nicht oben ankommen, weil wir dann in der Kälte auf dem Gipfel hätten warten müssen. Wir versuchten noch etwas langsamer zu gehen.
Es funkelte auf und über dem Volcan Baru
Die Wolken verzogen sich.
Über uns funkelte weißes Glitzer am Himmel und neben uns die Glühwürmchen.
Obwohl aufgeheizt vom stetigen Bergaufgehen, fühlten sich meine Arme bald eiskalt an.
Die zweite Klamottenschicht musste her.
Päuschen bei Kilometer 10
Die Bäume um den Weg wurden dichter und die Taschenlampen ausgepackt.
Wo wir entlang gingen sahen wir nicht. Nur krächzende Vögel und der Ruf des Uhus verrieten uns, dass links und rechts von uns der Wald des Nationalparks lag.
Unser Magen brummte.
Eine passende Rechtfertigung etwas länger stehen zu bleiben. Für jede Minute stehen, mussten wir jedoch nachher 2 Minuten aufwärmen einkalkulieren.
Unsere „ausgedehnte“ Frühstückspause bei Kilometer 10 war somit nicht ganz so ausgedehnt wie gewollt.
Gut so, sonst hätten wir den Sonnenaufgang wohl doch noch verpasst.
Nur noch 1,2 Kilometer bis zum Gipfel des Volcan Baru!
Fast geschafft! Das kündigte zumindest eine Schutzhütte oder eher Bruchhütte an.
Wir waren bei Kilometer 12,3. Yeeeha! Nur noch 1,2 km bis zum Gipfel!
Ein Katzensprung, das wird easy. 😎
Dachten wir…
So war es natürlich nicht.
Öööhhh.
Unsere Muskeln ächzten. Wir hechelten und das Herz schlug wie in einem Horrorfilm als Hintergundmusik.
Mit jedem Fußtritt rutschte der Fuß auf dem losen Geröll.
Die Sonne ging auf und wir nur noch: „Wooow“
Völlig außer Puste begrüßten uns orange blinkend endlich die Funkmasten, die uns die letzten Meter zum Ziel gezeigt hatten.
Yes, geschafft! Wir sind auf dem Gipfel des Volcan Baru!
Denkste!
Angekommen waren wir noch immer nicht. Zum Gipfel ging’s noch weiter.
Kurz vor 6 Uhr morgens: Nichts Besseres zu tun? Klettern auf den Volcan Baru!
Ein kleiner Pfad schlängelte sich Richtung Gipfel des Volcan Baru.
Nach der Hälfte sagte ich noch zu Christoph:
„Sollen wir hier stehen bleiben und erst den Sonnenaufgang genießen?“
„Neee komm, das letzte Stück, das haben wir ja in zwei Minuten!“ antwortete er.
Ok, also weiter.
Doch der Pfad endete und vor uns nur Felsen.
Echt jetzt?
Nach fast 6 Stunden des Bergaufgehens mitten in der Nacht sollen wir jetzt auch noch klettern?
War doch ganz gut, dass der Himmel bereits aufhellte. Denn im dunkeln Klettern? No way!
Ein bisschen schwummrig war uns schon dabei und der kalte Fels verwandelte unsere Hände langsam in Eisklötze. Lange würden wir uns so nicht am Felsen festhalten können.
Doch irgendwann kam er dann doch, der letzte Schritt über den Felsen.
Wir waren da. Ja!
Auf dem Gipfel des Volcan Baru.
Endlich oben: Sonnenaufgang vom Gipfel des Volcan Baru
Die Sonne ging auf und erhellte die Umgebung. Unter ihr breiteten sich wellenartig die Wolken über Boquete und Umgebung aus.
Links davon sahen wir die Inseln der Karibikküste in der Region Bocas del Toro.
Wir drehten uns um und ein Blick auf die pazifische Küste begrüßte uns.
Welches Glück wir hatten! Einen der schönsten Sonnenaufgänge hatten wir erlebt und dann sehen wir noch beide Küsten!
Dafür ist der Volcan Baru berühmt. Doch mitten in der Regenzeit ist die Wahrscheinlichkeit dafür gering. Meist liegt alles unter Wolken. Bewölkt war es auch, aber der Blick wurde uns nicht versperrt.
Nur noch 13 km bergab
Wir wären gerne länger geblieben. Aber der Wind und die Temperaturen machten es irgendwann unmöglich die Aussicht weiter zu genießen.
Wir gingen zurück. Waren ja nur noch 13 km bergab. Oh je.
Jetzt im Tageslicht sahen wir auch, wo wir so entlangspaziert waren.
Dadurch wurde der Weg immerhin nicht langweilig. Kam uns vor als wären wir hier noch nicht gewesen.
Eine breite Piste mit viel Geröll, wo tagsüber auch mal Autos rauffuhren.
Immerhin war die Vegetation, die den Weg säumte, die Grenze des Nebelwaldes durch den diese Schneise geschlagen wurde, ein netter Anblick.
Auf den letzten 4 km, als wir gar keine Lust mehr hatten, wollte uns die Natur etwas motivieren.
Ausblicke aufs Tal wechselten sich mit saftigen Feldern, die umgeben von Felshängen mit Felsbrocken durchsetzt waren. In der Ferne sah man Schafe neben den Felsen weiden.
Ein Traum diese Landschaft. Die passende Belohnung, bevor wir wirklich in die Traumwelt übergingen.
Die letzten Meter und es war geschafft.
Wir kamen an der Grenze des Volcan Baru National Parks an und mussten zum Glück nicht allzulange warten, bis uns ein lokaler Bus Richtung unseres Appartements mitnahm.
Wir waren stolz auf uns und legten uns voller schöner Eindrücke um 11 Uhr morgens ins Bett.
Gute Nacht 😊!
Volcan Baru Video
Hier findest du unser Video zu unserem Volcan Baru Aufstieg:
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Liebe Grüße Anna & Chris!
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Huhu, ein sehr schöner Bericht, der mich trotz der Strapazen motiviert hat, den Baru im Januar selbst zu erklimmen.
Ihr empfehlt ja Wanderschuhe, meint ihr, dass es auch mit einem Paar guter Laufschuhe/Trailschuhe möglich ist? Ich möchte ehrlich gesagt nicht die komplette Reise meine schweren Wanderstiefel mitschleppen.
Vielen Dank schonmal! LG Laura
Huhu Laura! Freut uns sehr, dass dir unser Bericht gefällt. Du wirst stolz auf dich sein! Yes, du machst das! Chris und ich denken uns heute noch bei jeder Wanderung, wenn es mal den Berg rauf geht „wow, wie haben wir den Baru damals nur geschafft“. Einfach eine einmalige Erinnerung. Und mit Januar hast du ja die viel bessere Wahrscheinlichkeit gutes Wetter zu erwischen. Davor hatten wir beide ja Schiss: dass es regnet. Weil dann wäre es wirklich sehr ungemütlich gewesen. Denn es ist sehr kalt da oben. Dann hast du vielleicht auch einen wunderbaren Sternenhimmel über dir! Wir wünschen… Weiterlesen »
Hallo,
wir fliegen im Mai nach Panama und haben uns auch den Baru zu Fuß vorgenommen. Ein bißchen mulmig ist mir schon. Wir sind schon Ü50, sind aber schon viel in den Dolomiten gewandert und wollen den Baru schaffen. Hoffentlich haben auch wir Glück mit dem Wetter, ist ja auch Regenzeit.
Wieviel Wasser empfehlt ihr pro Person? Das ist ja alles Balast, den man hoch schleppen muß …
Vielen Dank für eure Antwort.
LG, Sylvia
Hallo Sylvia. Das freut mich, dass ihr nach Panama reist. So gerne ich dir hier eine Antwort geben würde, werde ich leider keine pauschale Antwort schreiben. Dazu ist der individuelle Wasserbedarf doch zu unterschiedlich. Ich persönlich brauche viel Wasser und würde beim Wandern nie an Wasser sparen, wenn es keine Trinkquelle unterwegs gibt. Immerhin ist das Wasser auch ein abnehmender Ballast. Ich weiß gerade auch leider nicht mehr wieviel wir dabei hatten und was wir tatsächlich verbraucht haben. Ich kann dir nur Folgendes sagen: Du wirst wahrscheinlich mind. 9h unterwegs sein und die ersten Stunden eine ständige Anstrengung erleben aber… Weiterlesen »