Von Süd nach Nord: Den malerischen und unbekannten Osten Polens entdecken
Unsere Bruchteil Weltreise begann in Annas Heimat. In Polen. In einem einwöchigen Rausch erlebten wir fantastische Orte in familiärer Umgebung.
Im Ort Bochnia starteten wir mit Onkel und Tante gemeinsam unsere Tour von Süden nach Norden.
Zunächst hoch entlang der ukrainischen, dann der weißrussischen, der litauischen und letztlich der russischen Grenze ging es durch traumhafte polnische Landschaften.
Unseren Polen-Roadtrip in Kurzform kannst du dir hier im Video anschauen. Oder du scrollst einfach zum Ende der Seite.
Möchtest du die Route auch mal nachfahren? Hier findest du die Map zu all den unten gelisteten Erlebnissen und Highlights.
Zalipie: Blumig, kitschig, schön
Erst vor Kurzem hatten wir in einer Doku davon gehört: vom blumig bunt bemalten Dörfchen Zalipie, unserem ersten Halt.
Angefangen hat das Ganze wohl im 19. Jahrhundert mit einer Frau, die zunächst ihren Ofen und nach und nach ihr ganzes Haus mit Blümchen bemalte. Was sich irgendwie auf weitere Dorfbewohner übertrug.
Entgegen unserer Erwartungen waren allerdings nicht alle Häuser des Dörfchens mit Blumen verziert. Dafür konnte man den bemalten Häusern aber ansehen, dass die Bewohner hier mit Liebe bei der Sache waren.
Pałac w Łancucie
Im Anschluss an Zalipie fuhren wir weiter zum Pałac w Łancucie.
Obwohl wir Schlösser sonst eher ungern von Innen besichtigen, war das Schloss Łancut eines der Schlösser, das wir gerne noch ein wenig mehr von Innen bewundert hätten.
Leider waren an diesem Tag bestimmte Bereiche des Schlosses unzugänglich.
Przemyśl
Wir ließen uns weitertreiben zum Örtchen Przemyśl, was so viel heißt wie: „Denk drüber nach“.
Wir dachten darüber nach, fanden es schön und machten uns auf den Weg zum Zamek w Krasiczynie (Zamek = polnisch für Schloss), wo wir die Nacht verbrachten.
Aufgewacht im Schloss
Am nächsten Morgen besichtigten wir das Schloss in Krasiczyn, welches leider nicht mehr allzu viel Interieur besitzt, da es nach dem zweiten Weltkrieg von der roten Armee geplündert und zerstört wurde.
Nur die meisterhaft gefertigte Tür der Kapelle aus dem 17. Jahrhundert ist erhalten geblieben. Diese wurde in den 1980er Jahren abseits des Schlosses gefunden. Keiner weiß warum und wie sie dahingelangte.
Du möchtest auch im Schloss übernachten?
Schau mal beim Schloss Krasiczyn* vorbei.
Häuser wie sie früher gebaut wurden
Unsere Route führte uns weiter zu einem Freilichtmuseum in Kolbuszowa, wo wir noch süße gut erhaltene Landhäuser aus dem 19. Jahrhundert bewundern konnten.
Ein Stadtkern durchlöchert wie Schweizer Käse
Eine verlängerte Mittagspause verbrachten wir bei Regen in den Kellern von Sandomierz.
In der früheren Handelsstadt grub sich einst jeder Händler einen Keller, um seine Waren sicher verstecken zu können. So wurde nach und nach das ganze Stadtzentrum unterkellert.
Bei späteren Baumaßnahmen in den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts führte das zu teilweisen Einstürzen.
Die Bedrohung des Stadtkerns konnte aber durch spezielle Befestigungsmaßnahmen rechtzeitig abgewendet werden.
Nächste Station: Zungenknoten
In Polen gibt es einen ganz bekannten Zungenbrecher: „W Szczebrzeszynie chrząszcz brzmi w trzcinie“ (deutsch: „In Szczebrzeszyn erklingt der Käfer im Schilf“).
Schaffst du es das auszusprechen? Die polnische Version, versteht sich! 😛
Hier also waren wir – im Ort Szczebrzeszyn, beim Käfer („Chrąszcz“) aus dem Zungenbrecher.
Einfach vorbeifahren? Nein, das ging nicht!
Ein kurzes fehlerfreies Zungenbrecher-Ständchen neben der Käferstatue (Chris wurde von der Pflicht befreit 😉), erst dann durften wir weitersausen.
Tanzen zu Folklore
In Zamość – unserem nächsten Nachtquartier – herrschte bei unserer Ankunft Wahnsinnsstimmung.
Kaum auf dem bunten Marktplatz angekommen, konnte ich meine Füße nicht mehr stillhalten. Über die von Restaurants umrahmte Fläche tanzte ich in Richtung der aufgebauten Bühne.
Dort gab gerade die polnische Folklore Band „Bubliczki“ energisch und gut gelaunt ihre Songs zum Besten.
Keiner aus dem Publikum saß noch auf seinem Stuhl. Es wurde wild getanzt.
Wie konnte man auch anders bei so guter tanzbarer Musik? Ohne es zu wissen waren wir in das Eurofolk Festival 2017 gestolpert. Schade, dass wir am nächsten Tag wieder abreisen mussten.
Übernachten und Essen in
Eine absolut empfehlenswerte Übernachtungsmöglichkeit in , in der wir geschlafen haben, ist das Hotel Morandówka*.
Ein kleines, feines Hotel im Altbau, mit Patio und liebevoller Dekoration. Es liegt direkt am Marktplatz und bietet auch Zimmer mit Blick direkt aufs Rathaus.
Zum Essen empfehlen wir direkt gegenüber das Restaurant Ormianskie Piwnice. Hier wird köstliche armenische Küche direkt am Marktplatz aufgetischt.
Von Kreidegeistern und Wisents
Aus dem bunten Zamość führte uns unser Weg in das weiße Chełm. Warum weiß? Weil in Chełm Kreide abgebaut wird.
Unter dem Stadtzentrum ließen wir uns – beschützt durch den Chełmschen Kreidegeist – durch frühere Abbautunnel führen.
Noch heute wird in Chełm Kreide abgebaut, das Bergwerk befindet sich jedoch außerhalb der Stadt. Jenes im Stadtkern dient nur noch touristischen Zwecken.
Bei den Wisents
Immer entlang der ukrainischen und später dann der weißrussischen Grenze führte uns die Route nach Białowieża.
Dort angekommen, fühlten wir uns wie in einem kanadischen Urlaubsörtchen (obwohl wir solche Szenerien eigentlich nur aus Filmen kennen). Die schönen Holzhäuser verliehen dem süßen Dörfchen eine angenehm entspannte Atmosphäre.
In Białowieża kann man in einem der letzten verbliebene Urwälder Europas wandern – der „Puszcza Białowieska“, dem Białowieża-Urwald, der unter anderem Wisents beherbergt.
Fällungen im Gange
Leider plant die polnische Regierung, trotz massiver Proteste und Verfügung des EuGH, diesen zauberhaft verträumten und natürlichen Wald zu roden.
Fällarbeiten wurden zum Zeitraum unseres Besuchs unter Protesten leider bereits begonnen. Glücklicher Weise aber noch nicht in der Kernzone, die wir ausgiebig mit naturkundiger Führung begehen konnten.
Vermutlich sind Abholzungen in der Kernzone aber nur noch eine Frage der Zeit. Traurig!
Wilde Wisents trifft man hier aber nicht einfach so. In einem nahe gelegenen Freigehege kann man zumindest gehaltene Tiere und deren Artgenossen bewundern.
Übernachten und Essen in Białowieża
- Sehr empfehlenswert zum Übernachten in Białowieża finden wir die süßen und urigen Zimmer vom Stoczek 1929*.
Das angeschlossene Restaurant bietet eine fantastische Küche. - Das Lieblingshotel meiner Tante im Ort, ist das Hotel Żubrówka*.
Im Restaurant des Hotels Żubrówka, kannst du frisches Wild- und Wisentfleisch essen. Die Pierogi gefüllt mit Wisentfleisch sind hier fantastisch (sagen die Fleischesser unter uns 🙂 ) und sollen die besten der Gegend sein.
Die Masuren: Hunderte Seen, Kanäle, Segelboote, Alleen, Elche und Bratfisch
Was normalerweise zu Wasser befahren wird, erledigten wir auf dem Asphalt: nach Białowieża erkundeten wir die Masuren (polnisch = Mazury).
Augustów
Den ersten Stopp machten wir in Augustów. Die Stadt und der gleichnamige Kanal zählen offiziell noch nicht zur Region Masuren.
Allerdings ist (und war) Augustów ein beliebter Urlaubsort an dem wir, mit einer Bootsfahrt auf einem Abschnitt des Augustówkanals, unsere Tage zu Wasser begannen.
Urlaubsstimmung in Giżycko
Nächstes Ziel waren die richtigen Masuren. Angekommen in Giżycko war die Urlaubsstimmung überall greifbar und unbeschreiblich.
Hunderte Segelboote trieben hier mit eingeklappten Segeln wie an einer Perlenschnur durch den Kanal.
Mit gediegener Hektik 😎 , eins nach dem anderen, um es noch rechtzeitig vorbei an der gerade zur Seite gefahrenen Brücke zu schaffen.
Schnell bevor die Brücke, noch traditionell per Hand, wieder für den Fuß- und Autoverkehr zurückgefahren werden würde.
Und dann konnten endlich wieder die Segel auf dem weiten See Niegocin gesetzt werden.
Während sich die Boote, die in die andere Richtung wollten, geduldig am Kanalrand anleinten und auf die nächste Brückenöffnung warteten.
Einen Segeltörn, das wollen wir auch
Studenten mit vollgepackten Einkaufstüten warteten am Kanalrand, um das Boot ihrer Kumpels zu erwischen.
Boote voller junger Leute aber auch Familien, die hier ihre Sommerferien genossen, trieben an uns vorbei.
Ich will auch segeln können!
Übernachten in Augustów
Übernachtet haben wir im wunderbaren Hotel Warszawa*. Es liegt nicht direkt in Augustów, dafür am See Necko auf den du vom Zimmer aus blicken kannst. Herrlich. Beim Spaziergang am See nach Augustów hinein, wirst du dich freuen nicht direkt in Augustów zu schlafen.
Tiefer in die Masuren hinein
Nachdem wir die gute Stimmung hier in uns aufgesogen hatten, führte uns unsere Fahrt vorbei an unfassbar weiten Feldern, auf denen wir hier und da Elche erblickten.
Durch toskanaähnlichen Landschaften fuhren wir hin zur Brücke beim See Kirsajty: der letzten Anlegestelle vor dem unter Seglern bekannten Örtchen Sztynort.
Ein Party Muss für jeden Segler
Hier wurde und wird angelegt, wenn man sich eine Partynacht in Sztynort gönnen, aber die dort hohen Anlegegebühren sparen möchte.
Dann muss man eben ins Örtchen reinspazieren und zum Boot zurücktorkeln. 😀
Sztynort ist weit und breit bekannt für seine Bar Zęza und die dortigen Feiern.
Auch mein Opa und meine Onkel, die früher regelmäßig segeln waren bzw. auch heute noch sind, gönnten sich hier den ein oder anderen Absacker.
Eine Legende geht unter
Die berühmt berüchtigte Bar wurde jedoch unglücklicher Weise aus ihrem urigen Keller in andere Räumlichkeiten verlegt.
Die Party gibt es noch immer. Die Location und die Stimmung sollen aber nicht mehr dieselbe sein. Weswegen für viele ein heißgeliebter Ort ihrer Jugend verloren ging.
Wir ließen den Abend in Sztynort mit frischen, gebratenen Fischen und saftigen polnischen Gurken im einfachen Lokal „Córka Rybaka“ (Die Tochter des Fischers) ausklingen. Garantie auf einen bestimmten Fisch gibt es nicht, denn hier kommt nur auf den Tisch, was gefangen wurden. Miiiaaam, mir läuft jetzt wieder der Sabber im Mund zusammen bei der Erinnerung daran.
Der Wolf und die Gurkensuppe
Auch von einem eher unerfreulichen jedoch historisch absolut sehenswerten Ort waren wir nun nicht mehr weit entfernt: dem Führerhauptquartier Wolfsschanze.
Unglaublich was für ein riesiges Bunkersystem das NS-Regime hier erbaute. Bei den meisten Bunkern handelt es sich um Ruinen, da diese gesprengt wurden. Nichts desto trotz können die Überreste der mächtigen Stahlbetonbauten einem eine Vorstellung der Ausmaße geben.
Außerhalb des Besichtigungsgeländes kann man auf einen Bunker sogar noch hinaufklettern.
Schloss in Reszl
Von der Wolfsschanze machten wir uns auf in das süße Dörfchen Reszl.
Im Schloss Reszl wird mittelalterliches Folterwerkzeug ausgestellt. Unfassbar was sich Menschen früher alles einfallen ließen, um anderen Leid zuzufügen.
So schlimm, dass mir schlecht und traurig zugleich wurde. Ich musste mich erst mal wieder fassen….
Seit Kindertagen nicht mehr gegessen
Wieder zu etwas Erfreulichem!
Seit Kindertagen träume ich davon wieder eine richtig gute polnische Gurkensuppe zu essen, wie sie meine Mama früher immer gemacht hat (seither, warum auch immer, kam ich nicht mehr in den Genuss).
Hier bekam ich sie, in einem unscheinbaren kleinen Restaurant, irgendwo auf unserer Tour.
Gekocht wie von Mama, serviert wie von Oma, bekamen wir eine riesige Schale voll köstlicher Suppe.
Und jeder konnte sich nehmen soviel er wollte. Wir machten die Schale natürlich leer, es ging nicht anders. 😉
An diesem Tag habe ich meiner Mama das Versprechen abgenommen, mir eine Gurkensuppe zu kochen, wenn ich von der Reise zurückkehre. Mama ich freue mich drauf! 🙂
Gestärkt und glücklich fuhren wir weiter. Entlang nicht enden wollender Alleen mit geschlossenem Kronendach durch die unglaublich schönen „Warmińskie drogi“ nach Elbląg.
Schiff auf dem Trockenen und ab nach Danzig
Auf dem Ostródzko/Elbląski Kanal bei Elbląg kann man etwas ganz Besonderes erleben.
Statt durch Schleusen werden die Schiffe hier auf Schienen und speziellen Gestellen auf dem Trockenen transportiert, um die Höhendifferenzen des Wassers zu bewältigen.
Das wollten wir live und auf dem Schiff erleben. Also ab auf’s Boot und ab geht’s.
Die Schifffahrt von Elbląg war aber nicht nur wegen der „Schleusen“ lohnenswert, sondern auch wegen des Sees Drużno (deutsch = Drausensee), der eine Heimat für unzählige Wasservögel ist.
Von Elbląg ging’s zur letzten Station unseres Roadtrips: Gdańsk (deutsch = Danzig). Weitere Unternehmungen auf der Route strichen wir von der Liste, um den Charm der wundervollen Stadt Gdańsk etwas länger auf uns wirken lassen zu können.
Von hier aus startete unser Flug nach Pisa am nächsten Tag.
Liebe Grüße Anna & Chris!
Noch auf der Suche nach einer Übernachtung in Danzig?
Schau mal was Booking.com* zu bieten hat!
Und hier ist unser Polen-Roadtrip in der Videozusammenfassung. 🙂
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Ihr beschreibt unfassbar schön eure reise. In meinem Kopf bilden sich nicht nur wunderschöne Bilder sondern auch der Gedanke, eure Strecke „abzufahren“. Tolle Geschichten, tolle Bilder. freu mich schon auf die nächsten Geschichten
Hallo Ernesto,
vielen Dank. Das freut uns sehr, dass unsere Worte dich so gesehen unsere Reise „live“ miterleben lassen und du mehr erfahren willst.
Wir versuchen weiterhin unser Bestes zu geben 😉
Grüße aus dem bewölktem Malang Anna & Chris
Phantastische Photos, super geschrieben. Man bekommt richtig Lust, auch dort zu sein:-)
Freut uns sehr. Danke für die netten Worte 🙂
Hallo Anna & Chris,
über Polen als Reiseziel haben wir tatsächlich auch schon öfter mal nachgedacht. Hat sich bis jetzt leider nur noch nicht ergeben, da noch so viel anderes auf unserer Reiseliste steht. Gerade Masuren würde mich sehr interessieren. Eure Bilder sind wirklich toll und machen Lust darauf Polen einen Besuch abzustatten.
Liebe Grüße
Peggy
Hallo Peggy,
ach ja, das allgegenwärtige „Problem“, dass die Welt ist zu groß und schön ist, um alles zu machen 😉
Freut mich, dass euch unser Beitrag noch mehr Lust auf einen Besuch macht. Hoffentlich klappt es dann mal!
Liege Grüße,
Anna